back

reviews
drums percussion

Rigobert Dittmann / Germany / Bad Alchemy / 01 / 2009 / DVD - SHINEFORM - The Making of KLING KLONG

SHINEFORM The Making of KLING KLONG (Extraplatte, EX-DVD 012 008): Überfluss, Überschuss, Verschwendung, Müll und Schrott. Früher hieß es: Macht kaputt, was euch kaputt macht. Heute wird der Abfall recyclet und kunstfähig sind Müll & Schrott eh längst. Karrte nicht heuer Dror Feiler mit Müllwagen durch Donaueschingen? Shineform machen hier ein Remake von ‚Industrial Music for Industrial People‘, inszeniert am 31.5.2008 auf einem Schrottplatz im niederösterreichischen Amstetten, groß aufgezogen als Sound & Light- Show mit konkreten Echtzeit-Visualien von Uli Kühn, mit Kran, Autodemolage, Kulturamtssegen. Dr. Didi Bruckmayr schreisingt von einer Hebebühne herab, mimt den Urmenschen, Georg Edlinger betrommelt im Flackerlicht Ölfässer, hämmert auf Schrottgongs, schrappt Heizkörper, dengelt Eisenstangen, Andreas Steiner lässt mit dem Schneidbrenner die Funken fliegen, Volker Kagerer spielt als Crashpilot im Auto Fetzgitarre. Die Spotlights und Kameraleute kommen kaum mit, wo gerade die Action am heißesten ist. Steiner bohrt das Auto an, zusammen mit Didi knackt er die Blechkiste, in der Kagerer seine Gitarre wichst, bis er, mit Daniel-Düsentrieb-Helm und bereits gerissener Saite (ach nein, es ist nur eine herabhängende Zierkette), auf der Bühne weiter schruppt. Wer genauer hinhört, kann staunen, wie erzpriesterlich er den Göttern der fünf Saiten huldigt. Krach ist Fun, und so richtig die Sau rauslassen, erst recht. Während die echten Einstürzenden Neubauten Silence als sexy besingen und a bisserl fad geworden sind, machen ihre österreichischen Vettern im alten Stil Furore. Jetzt, wo Jörg Haider sich selbst entsorgt hat (und hoffentlich nicht recyclet wird), besteht zudem ein Grund mehr, das Tanzen auf Müllkippen geübt zu haben. Aber wehe, jemand würde mit dem Nagelclip ein Auto zerkratzen, aus Spaß an der Freud, so wie eins hier mit Vorschlaghämmern verbeult wird, bliebe es da beim Mosern oder Qualtingern? Oder jault dann der Haider in Jedermann auf? Der Kontext macht die Musik, drum trennt schön den Müll und rettet die Wale, bevor Dr. Queequeg einen aufspießt, und vor allem, ihr Gaffer da hinter den Absperrgittern, trennt schön die Kunst vom wirklichen Leben, Kunst heißt dürfen, was man kann, Leben nur wollen, was man soll. Zum Höhepunkt hin schleift und schwenkt der Kran mit seiner Greifkralle Schrottbündel über die Bühne. Kagerer und Steiner gehn à la Haydns Abschiedsinfonie, dann geht auch Didi mit düsterem Gemurmel ab und Edlinger schließt mit seinen Ritualbeats den Kreis. Der Rest ist nicht Schweigen, sondern Zugabe!-Rufe. Oh ihr Hirnheimer! [BA 60 rbd]

Tom Schäfer / Germany / Sticks / 04 / 2009 / DVD - SHINEFORM - The Making of KLING KLONG

Diese DVD ist Schrott! Schrott vom Feinsten allerdings! Oder besser gesagt: Metall-Recyling-Material, das in einem symphonischen Happening seine akustische Wiederverwertung findet. Hier handelt es sich um die dokumentarische Aufzeichnung einer perkussiv gesteuerten Inszenierung des Projekts Shineform, das mit der "Kling Klong Performance" am 31. Mai 2008 im österreichischen Amstetten über die Bühne ging. Die Bühne allerdings war der reale Schrottplatz eines Recycling-Unternehmens. Und hier fand vor Publikum jenes höchst außergewöhnliche Ereignis statt, bei dem unter Federführung des Perkussionisten Georg Edlinger eine interaktive Objekt-Fusion musikalisch und visuell inszeniert wurde. In Zusammenarbeit mit Dietmar Bruckmayr (Vocals), Volker Kagerer (Gitarre) und Andreas Steiner (trojanischer Schraubstock) fanden sich jene Herren in einem Szenario ein, dessen "Recycling of Sounds"-Idee den Zuschauer in eine bemerkenswerte Dimension des Hörens entführte, derweil die bizarre Schrottplatzlandschaft das Happening in ein systematisch geordnetes Chaos tauchte. Mikrofonierte Metallfässer, Autofelgensounds über Effektprozessoren verfremdet, verzerrte Gitarren sich aus einem zerstörten VW Polo quälend - all das ist wie das letzte Aufbäumen einer Materie mitzuerleben, während Metallarbeiter an Gerätschaften rumflexen und, über aufgetürmten Schrottautos thronend, eikn volltätowierter Kerl kehlige Laute übers Megaphon in die groteske Sound-Performance-Suppe rührt. Bagger fahren durch die Szenerie und werden dramaturgischer Teil des Ganzen, und das nächtliche Spektakel wird in bedrohliches Licht getaucht. Rund 60 Minuten lang wirkt eine wahre Bilderflut auf den Zuschauer ein, die keinen Moment locker lässt und in gleißender Intensität nahezu eine Seelenverwandtschaft zur rammsteinschen Endzeitästhetik aufkommen lässt. Live muss es ein echtes Erlebnis gewesen sein, aber auch die DVD sprengt jede Hör- und Sehgewohnheit . Eine außergewöhnlich andere Percussion-DVD: Eine Kunst-Performance mit Happening-Charakter und perkussiver Rausch zugleich. Hartes Soundmaterial, groteske Bilder. Recycling of Sounds! Tolle Idee!